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Expertenwissen: Medizin

Dr. med. Klaus Schnittert
Facharzt für Innere Medizin
chronische Herzschwäche

Eine fachmännische Patienteninformation
von Dr. med. Klaus Schnittert


Das Herz hat besondere Eigenschaften: man kann ein großes Herz haben, ein Herz für Kinder und natürlich auch für Tiere, man kann sein Herz schenken, aber auch ein Herz aus Stein haben, einem Anderen das Herz schwer machen oder das Herz brechen. Ja, man kann an gebrochenem Herzen sterben. Das Alles zeigt, wieviel das Herz als Motor des Lebens für Körper und Seele bedeutet.
Seine Leistung gibt zu Erstaunen Anlass: es schlägt 60 bis 80mal pro Minute Tag und Nacht, also 86.000 — 115.000mal in 24 Stunden. In dieser Zeit pumpt es rund 17.000 Liter Blut durch den Körper.
Die Arbeit des Herzens verläuft in zwei Phasen: in der Systole zieht sich der Herzmuskel zusammen und wirft Blut aus. In der Diastole erschlafft der Herzmuskel und nimmt Blut auf. Das Herz ist der Ausgangspunkt eines Netzwerks von Adern,
die sich immer weiter verzweigen: Arterien, die vom Herzen weg-, und Venen, die zum Herzen hinführen.
Man unterscheidet den großen Kreislauf oder Körperkreislauf und den kleinen oder Lungenkreislauf. Mit jedem Herzschlag wirft die linke Herzkammer Sauerstoff-reiches Blut durch die Aortenklappe in die Hauptschlagader, die Aorta aus und von da in die Arterien und Arteriolen des Körperkreislaufs bis hin zu den Kapillaren, den Haargefäßen, die nur einen Durchmesser von Hundertsteln Millimetern haben. Sie liefern Sauerstoff und Nährstoffe an die Zellen, zugleich geben sie das verbrauchte Sauerstoff-arme Blut in die Venolen, die feinsten Verzweigungen der Venen. Von dort aus fließt über die Venen das Sauerstoff-arme Blut in den rechten Vorhof des Herzens zurück. Durch die Trikuspidalklappe gelangt es in die rechte Kammer und von dort durch die Pulmonalklappe und die Pulmonalarterien schließlich in den Lungenkreislauf. In den Lungenkapillaren wird das Sauerstoff-arme Blut mit Sauerstoff angereichert, strömt in den linken Vorhof zurück und gelangt durch die Mitralklappe wieder in die linke Herzkammer. Dann beginnt mit dem nächsten Herzschlag der Kreislauf des Blutes von Neuem.
Eine Herzschwäche tritt in zwei Formen auf:
1. Systolische Herzschwäche: dem Herzen fehlt die Kraft, ausreichend Blut in den Kreislauf zu pumpen. Dabei wird die Pumpleistung in der Auswurffraktion (Ejektionsfraktion) ausgedrückt. Die ausgeworfene Blutmenge wird in Beziehung gesetzt zu der Blutmenge, die sich am Ende der Diastole (Erschlaffungsphase) in der linken Herzkammer befindet. Eine Restblutmenge bleibt immer als Reserve in der linken Herzkammer zurück. Beim gesunden Herzen liegt die Auswurffraktion bei mehr als 50%.
2. Diastolische Herzschwäche: dem Herzmuskel fehlt die Elastizität, d.h. die Dehnbarkeit, um genügend Blut aufzunehmen. Deshalb wird der Organismus nicht ausreichend mit Blut versorgt, selbst wenn die Pumpkraft des Herzens erhalten ist.
Bei einer chronischen Herzschwäche (Herzinsuffizienz) ist die Pumpkraft des Herzmuskels soweit reduziert, dass der Körper nicht ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgt werden kann.
Die chronische Herzschwäche beginnt schleichend mit Atemnot und einer Abnahme der Leistungsfähigkeit. Zunächst können die Beschwerden ganz unspektakulär sein. Zum Beispiel:
immer hat man mit Freunden eine Wanderung gemacht. Das gibt man auf, weil es bergan zu anstrengend ist. Zu Bahn und Bus rennt man nicht mehr, weil man schnell aus der Puste kommt. Wenn man die Treppe hinaufsteigt, geht einem die Luft aus, so dass man zwischendurch stehen bleiben muss. Man ist müde, abgeschlagen, an den Knöcheln und am Schienbein stellen sich Wassereinlagerungen ein, die wie Schwellungen aussehen: sogenannte Oedeme. Sie sind dadurch zu erkennen, dass durch Druck mit einem Finger bleibende Dellen in dem geschwollenen Bereich, z.B. am Schienbein, entstehen.
Viele, besonders alte Menschen, haben diese Symptome, oft ohne zu wissen, dass sie an einer Herzkrankheit leiden. In Deutschland wird die Zahl der Patienten mit Herzschwäche auf 2-3 Millionen geschätzt. Fast 50.000 sterben jährlich an dieser Krankheit.
Trotzdem erhält die Herzschwäche nicht die nötige Aufmerksamkeit. Die Patienten neigen dazu, die Symptome nicht wahrzunehmen oder auf das Alter zu schieben. Auch manche Ärzte widmen ihr wenig Aufmerksamkeit.
Herzschwäche ist keine eigenständige Krankheit. Ihr liegen fast immer bestimmte Ursachen zugrunde. Die beiden wichtigsten sind die koronare Herzkrankheit und der erhöhte Blutdruck.
Bei der koronaren Herzkrankheit kommt es aufgrund von Gefäßveränderungen in den Herzkranzarterien zu einer Durchblutungsstörung des Herzmuskels, im schlimmsten Fall zu einem Herzinfarkt. Dabei stirbt Herzmuskelgewebe ab, so dass die Kraft des Herzmuskels nachlässt. Bei dem erhöhten Blutdruck ist das Problem, dass trotz Zunahme der Herzmuskelmasse aufgrund des erhöhten Widerstands in den Arterien die Kraft des Herzmuskels ebenfalls nachlässt, sobald das sogenannte kritische Herzgewicht überstiegen ist.
Weitere Ursachen sind eigenständige Herzmuskelerkrankungen, die zum Teil genetisch bedingt sind, oder Herzmuskelentzündungen, Erkrankungen der Herzklappen, angeborene Herzfehler, Lungenerkrankungen, übermäßiger Konsum von Alkohol und Drogen sowie Herzrhythmusstörungen. In diesem Zusammenhang ganz wichtig das sogenannte Vorhofflimmern, welches zum Teil mit erheblichen Frequenzsteigerungen des Pulses einhergeht und damit die Auswurffraktion (Ejektionsfraktion) der linken Herzkammer reduziert.
Symptome der chronischen Herzschwäche sind je nach Art und Ausprägung der Erkrankung unterschiedlich, dennoch gibt es wichtige Gemeinsamkeiten. Erst Symptome einer Herzschwäche zeigen sich zunächst in Situationen, in denen das Herz eine höhere Pumpleistung erbringen muss. Bei körperlicher Anstrengung treten dann typischerweise schnell Atemnot und vorzeitige Ermüdung ein. Die schnelle Erschöpfung kommt zustande, weil unter zunehmender körperlicher Belastung die Sauerstoffversorgung im Körper nicht mehr ausreicht.
Die Atemnot resultiert im Wesentlichen aus einem Rückstau des Blutes vor der linken Herzkammer im Bereich der Lungenstrombahn. Durch den Rückstau kommt es zum Anstieg des Blutes vor der linken Herzkammer im Bereich der Lungenstrombahn. Durch den Rückstau kommt es zum Anstieg des Druckes in der Lungenstrombahn, was als Atemnot empfunden wird.
Wassereinlagerungen, vor allem im Bereich der Beine, sind ein weiteres mögliches Symptom für Herzschwäche. Kommt es zu Wassereinlagerungen im Bereich der Lunge, hört man mit dem Stethoskop feuchte Rasselgeräusche. Durch den Rückstau des Blutes vor dem Herzen kann es auch zu einer Lebervergrößerung und zu einer Einflussstauung vor dem rechten Vorhof kommen, was an erweiterten Halsvenen sichtbar ist.
Um die schleichende Verschlechterung der Herzleistung aufzuhalten oder zu verlangsamen, ist neben einer exakten Diagnose auch eine optimale Behandlung notwendig. Mit einer entsprechend optimierten Therapie können die Symptome gelindert und der Krankheitsverlauf positiv beeinflusst werden. Nach einer Klassifikation der amerikanischen Kardiologengesellschaft wird die chronische Herzschwäche in vier Stadien eingeteilt. Im Erststadium findet man keine Leistungseinschränkungen bei schon bestehender Herzerkrankung. Im zweiten Stadium besteht eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit im Alltag, z.B. ist schnelles Gehen in der Ebene noch möglich, das Tragen von Lasten über eine Etage hinaus jedoch nicht mehr. Im dritten Stadium hat die Leistungseinschränkung schon deutlich zugenommen. Treppensteigen ist schon für eine Etage ohne Pause nicht mehr möglich. Im letzten, vierten Stadium bestehen so starke Beschwerden, z.B. Luftnot, dass jede körperliche Aktivität unmöglich wird. Sinnvolle Empfehlungen zur Gestaltung des Lebensstils für Herzpatienten.
l. Ernährung: Menschen mit Herzschwäche sollten möglichst wenig Salz zu sich nehmen, Kochsalz führt im Körper zu Flüssigkeitseinlagerungen. Diese vergrößern das Blutvolumen, welches das Herz durch den Körper transportieren muss, das belastet das Herz. Eine Kochsalz-arme Ernährung verringert die Gefahr einer Verschlechterung der Herzschwäche und spart darüber hinaus Diuretika ein. Der Salzgehalt von Nahrungsmitteln wird auf der Verpackung als Natrium angegeben. Ein Gramm Natrium entspricht 2,5 g Kochsalz. Lebensmittel mit versteckten Salzen, wie z.B. Fertigsoßen, Fertigsuppen, Fleisch- und Fischkonserven, geräucherte Speisen, gesalzene Nüsse, Kartoffelchips und Mineralwasser mit mehr als 100 mg Natrium pro Liter sollten gemieden werden. Das Ernährungsprinzip entspricht dem der Mittelmeerküche. Wenn man heute Pizza oder Pasta isst oder beim Italiener einen gegrillten Fisch mit 3 Bohnen oder 5 Spinatblättern serviert bekommt, ist man von der Mittelmeerküche weit entfernt. Was fehlt sind die großen Gemüse- und Salatportionen. Die Gerichte der mediterranen Küche sind einfach zuzubereiten. Die Gemüse werden kurz „al dente" gekocht und behalten dadurch ihre Frische und ihre Vitamine. Was sind die entscheidenden Merkmale der traditionellen Mittelmeerküche?
1. Viel Gemüse, Salat, Obst, Hülsenfrüchte,
2. Ein hoher Anteil an Vollkornprodukten wie Brot, Pasta, Reis, aber nur in Verbindung mit regelmäßiger Bewegung. Nach wie vor gilt der Satz: „Kohlenhydrate muss man sich verdienen".
3. Oliven- und/oder Rapsöl plus täglich etwa 30 g Nüsse,
4. Wenig Fleisch, eher Fisch
5. Statt viel Salz Gewürze und Kräuter wie Petersilie, Basilikum, Thymian, Rosmarin usw.
In aktuellen Studien hat sich gezeigt, dass außer Olivenöl der tägliche Verzehr von 30g Nüssen das Ergebnis verbessert hat, d.h. die Rate der Herzinsuffizienzen und der Herzinfarkte reduziert worden ist.

II. Körpergewicht: Übergewicht belastet das Herz.
Deshalb sollte ein möglichst normales Gewicht angestrebt werden.

III. Flüssigkeitszufuhr: Der Flüssigkeitshaushalt des Körpers funktioniert bei Herzschwäche nicht mehr optimal. Der Körper neigt dazu, zu viel Wasser zu speichern.
Deshalb sollte man täglich nicht mehr als 1,5 Liter, bei schwerer Herzinsuffizienz nur 1 Liter Flüssigkeit zu sich nehmen. Hierbei ist zu beachten, dass nicht nur Getränke,
sondern auch Suppen, stark wasserhaltige Obst- und Gemüsesorten (z.B. Melonen, Gurken, Trauben und Tomaten) sich auf die Flüssigkeitszufuhr auswirken.

IV: Bewegung: Im Anfangsstadium einer Herzschwäche ist Körperliches Training sinnvoll. In Maßen hilft es dem Herzen, seine Leistungsfähigkeit zu erhalten und zu verbessern. Es sollten Sportarten bevorzugt werden, bei denen mäßige kontinuierliche Belastungen auftreten, beispielsweise Spazierengehen, Wandem und Radfahren. Sportarten mit schnellen Anstrengungen und großen Kraftaufwendungen sollten vermieden werden. Die Teilnahme an einer Herzsportgruppe ist in jedem Falle zu empfehlen, Ausnahmen gelten natürlich für Menschen, die einen frischen Herzinfarkt hinter sich haben oder die sich im Stadium IV der Herzinsuffizienz befinden.

V: Genussmittel: Rauchen schädigt die Gefäße und trägt zur Entstehung von Herzkranzgefäß-Erkrankungen bei. Wenn die Herzschwäche durch eine Alkoholkrankheit entstanden ist, muss auf Alkohol vollständig verzichtet werden. Normalerweise sollten Frauen nicht mehr als 10- 15 g Alkohol pro Tag zu sich nehmen, bei Männern liegt die Grenze etwa bei 20-30 g pro Tag. 30g Alkohol sind enthalten in etwa einer Flasche Bier, 250 ml Wein, 150 ml Sherry, 75 ml Schnaps.
Menschen mit einer chronischen Herzschwäche, die zu Wassereinlagerungen neigen, sollten sich täglich wiegen. Kommt es innerhalb von einer Woche zu einem Gewichtsanstieg von 2 - 2,5 kg, muss unbedingt ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden.
Es gibt eine Reihe von Medikamenten, die bei Menschen mit chronischer Herzschwäche problematisch sind. Im Einzelnen muss das mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden.
Hinzuweisen ist auf jeden Fall, dass bestimmte Schmerzmittel, die frei verkäuflich sind wie lbuprofen bis zu einer Dosis von 400mg oder Diclofenac bis 25mg bei Menschen mit Herzschwäche auf jeden Fall vermieden werden sollen.

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