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Expertenwissen: Medizin

Dr. med. Klaus Schnittert
Facharzt für Innere Medizin
Stress

Eine fachmännische Patienteninformation von Dr. med. Klaus Schnittert

Jeder kennt Stress. Ob in der Schule, im Studium, im Beruf oder Privatleben, Termindruck, Zeitmangel oder das Gefühl selbst zu kurz zu kommen. Jeder hat das schon einmal erlebt. Obwohl die meisten Menschen mit dem Begriff Stress vertraut sind, fällt es vielen schwer Stress eindeutig zu beschreiben.

Der Begriff Stress stammt aus dem englischen und wurde ursprünglich auf das Verhalten von Materialien angewendet, die Einflüssen bzw. Krafteinwirkungen aus der Umwelt ausgesetzt waren. Unterschiedliche Materialien können entsprechend ihren jeweiligen Eigenschaften (z. B. Elastizität) ganz unterschiedlich auf solche Krafteinwirkungen reagieren, z. B. starr und fest bleiben, sich biegen und nach dem Ende der äußeren Krafteinwirkung wieder in ihren Ausgangszustand zurückkehren oder sich auf Dauer verbiegen oder gar brechen.

Selye, ein Psychologe, hat diesen Begriff dann auf biologische Systeme übertragen und die Entwicklungsprozesse beschrieben, bei einer Überlastung zu dauerhaften Schäden bis hin zu stressbedingten Erkrankungen führen können.

Die vielfältigen „Materialeigenschaften" der Menschen, die darüber entscheiden, wie sie auf die Einflüsse ihrer jeweiligen Umwelt reagieren nennen wir natürlich anders. Wir sprechen z. B. von genetischer Ausstattung, Konstitution, Fitness, Temperament, Intelligenz, emotionaler Stabilität, Persönlichkeit, Kompetenz, Ressourcen usw.

Daraus folgt ein wichtiger Punkt: Stress ist nicht gleichzusetzen mit einer äußeren Belastung, sondern entspricht einer Relation nämlich dem Verhältnis dieser Belastung zu Möglichkeiten eines Individuums in seiner Lebenswelt mit dieser Belastung so umzugehen, dass dabei sein Gleichgewicht erhalten bleibt. Nicht selten werden sogar außergewöhnliche Belastungen, z. B. bei Extremsportlern als positiver Eustress erlebt.

Kommt es jedoch zum negativen Disstress, zu einer Belastung, im Sinne einer Überbelastung, indem die Eigenschaften und Möglichkeiten eines Individuums nicht mehr ausreichen, um die Belastung zu bewältigen bzw. zu kompensieren, kann dies zu funktionalen bzw. dauerhaft strukturellen Störungen führen.



Was stresst uns?

Stressbelastung kommt heutzutage vor allem aus dem psychosozialen Bereich. Stress am Arbeitsplatz spielt hier eine immer größere Rolle. Zusätzlicher Ärger mit der Familie, den Nachbarn oder Freunden aber auch schlichtweg das Gefühl generell zu viel Verantwortung zu schultern können gewichtige Stressoren sein. Hierbei sind es die kleinen Ärgernisse, die in der Summe zur dauerhaften Überlastung führen. Viele Stressoren wirken täglich und auch langfristig auf uns ein (z. B. Zeitdruck, Lärm, erhöhte Anforderungen am Arbeitsplatz oder auch private Sorgen).

Während zu Zeiten unserer Vorfahren die angemessene Reaktion auf viele Stressoren z. B. die Begegnung mit einem Raubtier oder Feinden Kampf oder Flucht war so sind die Belastungen, mit denen sich der moderne Mensch heute konfrontiert sieht vielschichtige, langfristiger und verlaufen eher schleichend als unmittelbar.

Seit einigen Jahren beschäftigen sich Sozialpsychologen und Epidemiologen intensiv mit dem Zusammenhang von Einkommensungleichverteilungen und Krankheitsanfälligkeit in verschiedenen Gesellschaften. Manche gehen sogar so weit und sagen, dass Länder mit großem Wohlstandgefälle anfälliger für Pandemien seien.

Der deutsche Neurobiologe Gerald Hüther meint, Angst schwäche die Immunabwehr. Wichtig in diesem Zusammenhang ist die Art und Weise wie eine Person die Stressoren erlebt, z. B. als Bedrohung, Verlust, Überforderung. Andererseits gibt es Menschen, die jahrelang hohen Stressbelastungen widerstehen können, weil ihnen psychosoziale und mentale Bewältigungsstrategien zur Verfügung stehen.

Daraus ergibt sich die Tatsache, dass Stress überwiegend im Kopf entsteht, das heißt, wie die äußeren und inneren Stressoren vom Individuum bewertet werden, siehe oben Eustress (guter Stress) und Disstress (negativer Stress).

Bei der körperlichen Reaktion auf Stress wird von bestimmten Hirnstrukturen eine Kaskade von Hormonen und Signalen ausgeschüttet, die in verschiedenen Organen negative Wirkungen auslösen, besonders wenn sie lange anhalten.

Besonders betroffen sich das Herz- Kreislaufsystem, Magen-Darmtrakt, Urogenitalsystem, Schmerzwahrnehmung. Aber auch auf psychischer Ebene passiert viel wie Depressionen, Ängste, Schlafstörungen oder die Kommunikation. Gerade bei letzterer sind unterschiedliche Reaktionen möglich; zum einen verbale Attacken, Beleidigungen, Verletzungen des Gesprächspartners; zum anderen Zurückhalten von Ansichten, vage Andeutungen oder Schweigen. Fatalerweise wirken diese Verhaltensweisen wiederum als Stressverstärker.

Ein weiteres Phänomen in diesem Zusammenhang ist der sogenannte Tunnelblick oder die Hyperfokussierung auf den als Bedrohung wahrgenommenen Reiz. Diese in der akuten Reaktion äußerst nützliche Wahrnehmung führt bei einer chronischen Belastung dazu, dass positive andere Aspekte weniger gut erkannt werden. Die Folge ist ein Anstieg des Stresserlebens.

Wie oben schon angedeutet wissen wir, dass jeglicher Stress das Immunsystem beeinflusst. Besonders die chronisch erhöhte Cortisolausschüttung hat negative Wirkung in dem z B. auf molekulargenetischer Ebene die Produktion von Zytokinen beeinflusst wird. Das sind Eiweiße, die von Zellen des Immunsystems gebildet werden und den Ablauf der Immunreaktion steuern.

Es ist unbestritten, dass bei Menschen in prekären Lebenssituationen die Krankheitsanfälligkeit erhöht und die Lebenserwartung erniedrigt ist, Chronische Stressbelastungen spielen dabei sicher eine große Rolle.

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